







Das Bundesministerium für Verkehr (Referat WS 25 - Sportschifffahrt mit Sitz in Bonn) hat am Donnerstag, den 16. Oktober 2025 einen sogenannten Referentenentwurf zur "Neuregelung von Vorschriften in der Sportschifffahrt" veröffentlicht.
Dieser Referentenentwurf zur "Neuregelung von Vorschriften in der Sportschifffahrt " stößt aktuell auf breiter Front auf ganz massive Kritik. Der Entwurf wird von nahezu allen Wassersport-Dachverbänden kritisiert. Ebenso von Sport-Dachverbänden, Wassersportverbänden, Wassersportvereinen, Landesregierungen, Versicherungswirtschaft, maritimer Wirtschaft, ADAC, Gewerkschaft der Polizei und natürlich von deutschen Sportbootschulen im Inland und im Ausland.
Das Wichtigste vorweg: es ist nicht geplant, dass Sportboote zukünftig ohne Fahrerlaubnis geführt werden dürfen. Eine Fahrerlaubnis bleibt weiterhin Pflicht - und zwar für alle Boote und Gewässer, wo sie vorgeschrieben sind. Auch die bisherige Leistungsgrenze von 15 PS (11,03 kW) ab der eine Fahrerlaubnspflicht besteht bleibt unverändert bestehen.
Hauptkritikpunkt ist die geplante Abschaffung des amtlichen Sportbootführerscheins zugunsten privater Verbandsscheine, was als verfassungswidrige Privatisierung staatlicher Aufgaben angesehen wird.
Die zentralen Kritikpunkte im Überblick:
Privatisierung staatlicher Aufgaben:
Der Entwurf sieht vor, dass anerkannte Wassersportverbände künftig Befähigungsnachweise ("Verbandsscheine") ausstellen, die als Fahrerlaubnis gelten sollen. Kritiker wie der DSV und der DMYV argumentieren, dass die Prüfung und Erteilung von Fahrerlaubnissen eine hoheitliche Aufgabe des Bundes ist, die nur per Parlamentsgesetz, nicht per Verordnung, an private Organisationen übertragen (beleihen) werden darf.
Rechtsunsicherheit und Chaos:
Die Verbände warnen vor einem potenziellen Rechtschaos und befürchten, dass die vorgeschlagene Regelung gegen geltendes Binnenschifffahrts- und Seeaufgabengesetz sowie das Grundgesetz verstößt und im Falle des Inkrafttretens nichtig sein könnte.
Sicherheitsstandards:
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und andere Verbände sehen die Sicherheit, den Umweltschutz und die Rechtssicherheit gefährdet, da die aktuellen, einheitlichen Sicherheitsniveaus nicht mehr gewährleistet sein könnten.
Bürokratieabbau in Frage gestellt:
Obwohl das Bundesverkehrsministerium (BMV) argumentiert, der Entwurf diene dem Bürokratieabbau und reduziere den Erfüllungsaufwand für Bürger und Wirtschaft, sehen Kritiker wie der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter neue Hürden und Bürokratie entstehen.
Nichtanerkennung international:
Es bestehen Bedenken, dass die rein national gültigen Verbandsscheine im Ausland nicht die gleiche Akzeptanz finden wie der bisherige amtliche Sportbootführerschein, der auch als internationales Zertifikat dient.
Die verschiedenen Wassersportverbände und betroffenen Akteure haben ihre Bedenken in detaillierten Stellungnahmen an das Bundesministerium für Verkehr übermittelt und fordern dringende Nachbesserungen.
Hier eine Übersicht mit einigen der aktuell vorliegenden Stellungnahmen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) inklusive Verlinkung auf die einzelnen pfd/Stellungnahmen.
Unsere eigene Stellungnahme vom 28.10.2025 ans Bundesministerium für Verkehr findet sich im Anschluß an die Tabelle als Volltext.
| Akteure | Position | Stellungnahme |
| Landesregierung Bayern - Verkehrsminister Bernreiter | deutlich kritisch | Zur Pressemitteilung |
| Landesregierung Schleswig-Holstein - Verkehrsminister Madsen | deutlich kritisch | Zum Presseartikel |
| Land Baden-Württemberg | deutlich kritisch | folgt |
| Deutscher Segler-Verband (DSV) | ablehnend | Zur Stellungnahme |
| Deutscher Motoryachtverband (DMYV) | deutlich ablehnend | Zur Stellungnahme |
| Deutscher Motoryachtverband (DMYV) | deutlich ablehnend | Zur ergänzenden Stellungnahme |
| Deutscher Kanu-Verband (DKV) | kritisch | Zur Stellungnahme |
| Deutscher Ruder-Verband (DKV) | kritisch | Zur Stellungnahme |
| Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) | kritisch | Zur Stellungnahme |
| Seglerverband Baden-Württemberg | kritisch | Zum Brandbrief |
| Bayrischer Seglerverband | kritisch | Zur Stellungnahme |
| Berliner Seglerverband | kritisch | Zur Stellungnahme |
| Hessischer Segler Verband | kritisch | Zur Stellungnahme |
| Segler-Verband Niedersachsen | kritisch | Zum Positionspapier |
| ADAC | gemischt kritisch | Zur Stellungnahme |
| VDS - Verband Deutscher Sportbootschulen | vorsichtig kritisch | Zur Stellungnahme |
| VDWS - Verband Deutscher Wassersportschulen | vorsichtig kritisch | Zur Stellungnahme |
| VMWD – Verband Maritime Wirtschaft Deutschland | gemischt kritisch | Zur Stellungnahme |
| BDB - Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt | kritische Anmerkungen zu Teilbereichen | Zur Stellungnahme |
| Bunte Flotte Schiffahrtsverband | kritische Anmerkungen zu Teilbereichen | Zur Stellungnahme |
| Deutscher Fischerei Verband | kritisch | Zur Stellungnahme |
| Dienststelle Schiffssicherheit BG Verkehr | kritische Anmerkungen zu Teilbereichen | Zur Stellungnahme |
| GDV – Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft | vorsichtig kritisch | folgt |
| Pantaenius Yachtversicherung | deutlich kritisch | Zur Mitteilung |
| GdP - Gewerkschaft der Polizei | deutlich kritisch | Zur Stellungnahme |
| Wassersportfreunde Biebesheim e.V. | deutlich kritisch | Zur Stellungnahme |
| Rechtsgutachten (Kanzlei CMS im Auftrag des DSV) | ablehnend | Zum Rechtsgutachten |
| Fachmedien (YACHT) | berichtend-kritisch | Zum Presseartikel vom 26.11.25 |
| Fachmedien (boote) | berichtend-kritisch | Zum Presseartikel vom 26.11.25 |
| Fachmedien (SegelReporter) | berichtend-kritisch | Zum Presseartikel vom 21.11.25 |
| Fachmedien (SegelReporter) | berichtend-kritisch | Zum Presseartikel vom 29.11.25 |
| Petitionen (OpenPetition) | klar kritisch | Zur Petition |
| Sailing Island GmbH | deutlich kritisch | unserer vollständige Stellungnahme vom 28.10.2025 ans BMV siehe nachfolgend als Text |
Stellungnahme der DSV und VDS anerkannten Sportbootschule
Sailing Island GmbH, Bismarckstraße 118 in 41061 Mönchengladbach
zum Referentenentwurf der Verordnung zur Neuregelung von Vorschriften in der Sportschifffahrt und zur Änderung von Vorschriften im Schifffahrtsrecht
Bearbeitungsstand des Entwurfs: 16. Oktober 2025
Eingereicht durch:
Sailing Island GmbH, Bismarckstraße 118 in 41061 Mönchengladbach
1. Einleitung
Als gewerblich tätige Sportbootschule, die seit über 30 Jahren Ausbildung und Prüfungsvorbereitung für alle amtlichen und amtlich anerkannten Sportbootführerscheine auf deutschen Binnen- und Seeschifffahrtsstraßen sowie im europäischen Ausland anbietet, begrüßen wir grundsätzlich das Ziel des Bundesministeriums für Verkehr, die Vorschriften der Sportschifffahrt zu vereinheitlichen, zu modernisieren und Bürokratie abzubauen.
Gleichzeitig sehen wir im vorliegenden Referentenentwurf erhebliche strukturelle, rechtliche und wirtschaftliche Risiken für die Ausbildungslandschaft, die Qualitätssicherung und die Wettbewerbsbedingungen im Bereich der Sportbootausbildung.
Unser Anliegen ist es, im Sinne eines konstruktiven Dialogs auf diese Punkte hinzuweisen und Vorschläge zu unterbreiten, wie die beabsichtigten Ziele des Entwurfs - Vereinfachung, Modernisierung und Sicherheit - ohne Marktverzerrungen oder Qualitätsverlust erreicht werden können.
2. Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen
Der Entwurf sieht im Kern folgende Neuerungen vor:
3. Widersprüche und Unklarheiten im Entwurf
Damit bleibt die staatliche Aufsicht bestehen, jedoch ohne die Einbindung erfahrener, geprüfter Dritter.
Es entsteht ein hybrides System, das weder vollständig privatwirtschaftlich noch staatlich ist und Rechtsunsicherheit schafft.
Das widerspricht dem Grundsatz der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verwaltungshandeln.
Diese systematische Inkonsistenz kann zu Vollzugsproblemen und Streit über den Anwendungsbereich führen.
Das könnte gegen die Grundfreiheiten und das Vergaberecht der EU verstoßen.
Diese Bedingung schränkt den freien Personenverkehr und die Berufsausübungsfreiheit innerhalb der EU unnötig ein.
Es entsteht ein faktisches Verbandsmonopol.
Ohne klare Übergangsvorschrift drohen kurzfristige Betriebseinschränkungen oder Entzug der wirtschaftlichen Existenzgrundlage.
4. Ergänzungen und Präzisierungen zum Referentenentwurf
5. Vorschläge zur Überarbeitung
6. Existenzbedrohende Auswirkungen und Diskriminierung durch die Regelung zur Durchführung praktischer Prüfungen (Anlage 2, Abschnitt 2, Ziffer 3.3)
Einige Regelungen der geplanten Sportschifffahrtsverordnung sind für unser Unternehmen und die gesamte Branche der gewerblichen Sportbootschulen geschäftsschädigend und in ihrer Wirkung existenzbedrohend.
Besonders kritisch ist die in Anlage 2, Abschnitt 2, Ziffer 3.3. vorgesehene Bestimmung, wonach „praktische Prüfungen auf Bundeswasserstraßen zu erfolgen haben, deren Geltungsbereich Gegenstand der Prüfung ist“.
Diese Regelung hätte weitreichende und diskriminierende Folgen:
„Praktische Prüfungen haben auf Bundeswasserstraßen zu erfolgen, deren Geltungsbereich Gegenstand der Prüfung ist.“.
Dies würde bedeuten, dass die Praxisprüfungen für den gesetzlich verpflichtenden Sportbootführerschein mit Geltungsbereich „Seeschifffahrtsstraßen“ nur noch auf Seeschifffahrtsstraßen durchgeführt werden dürfen. Also insbesondere nicht mehr wie bisher auf Binnenschifffahrtsstraßen und Binnengewässern wie z.B. dem Rhein, dem Main, der Donau, den gesamten bayerischen Seen (Starnberger See, Ammersee, Chiemsee, etc.) und dem Bodensee sowie nicht mehr auf Stauseen, kommunalen Gewässern oder Vereinsgewässern und somit auch nicht mehr in den Häfen der großen deutschen Städte wie z.B. Bremen, Hannover, Duisburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Bonn, Koblenz, Mainz, Stuttgart, Leipzig, Berlin und Hamburg (die seewärtige Grenze der Elbe als Binnenschifffahrtsstraße liegt an der unteren Grenze des Hamburger Hafens. Erst oberhalb dieser Grenze schließt sich die Seeschifffahrtsstraße an. Die Grenze verläuft je nach Ufer unterschiedlich: bei km 638,98 am rechten Ufer und bei km 633,35 am linken Ufer).
Fazit:
Diese Regelung ist unverhältnismäßig, diskriminierend und wirtschaftlich schädlich.
Praxisprüfungen sollten weiterhin auf allen geeigneten, Gewässern erlaubt bleiben - unabhängig von deren formalen Einstufungen.
Denn auch Binnengewässer wie große Häfen, große Flüsse oder Kanäle verfügen über gut dokumentierte nautische Karten. Diese Karten sind ebenso präzise und detailliert wie jene für Seeschifffahrtsstraßen und beinhalten Tiefenangaben, Gefahrenzonen, Strömungsverhältnisse und Markierungen, die die Grundlage für die sichere Navigation bilden.
Auch Binnengewässer sind mit geeigneten Peilobjekten, Tonnensystemen und Schifffahrtszeichen ausgestattet, die für die Navigation erforderlich sind. Diese Objekte sind oft vergleichbar mit denen auf Seeschifffahrtsstraßen (z. B. Seezeichen, Leuchtfeuer), sodass Bootsführer und Führerscheinbewerber die gleichen Navigationsprinzipien und -verfahren anwenden können. Auf jedem geeigneten Binnengewässer können sämtliche relevanten Prüfungsmanöver wie Rettungsmanöver unter Maschine, Anlegen und Ablegen unter Maschine, Kursgerechtes Aufstoppen, Steuern nach Kompass, Wenden auf engem Raum, Steuern nach Landmarken, Schleusenmanöver, Ankermanöver, Peilungen problemlos durchgeführt werden. Die praktischen Anforderungen sind identisch mit denen auf Seeschifffahrtsstraßen.
7. Schlussbemerkung
Die Ziele des Entwurfs - Modernisierung, Vereinfachung und Bürokratieabbau - werden ausdrücklich begrüßt.
Allerdings darf der angestrebte Abbau staatlicher Strukturen nicht zu einem Abbau der Qualität, Fairness und Rechtsklarheit führen.
Wir appellieren an das Bundesministerium für Verkehr, die vorgetragenen Punkte in die weitere Ausarbeitung einzubeziehen und insbesondere den Dialog mit gewerblichen Sportbootschulen zu suchen.
Nur durch eine gemeinsame Ausgestaltung lässt sich ein modernes, sicheres und wettbewerbsneutrales System für die Sportschifffahrt schaffen.
Mönchengladbach, den 28.10.2025
Markus Seebich (Geschäftsführer)
Sailing Island GmbH, Bismarckstraße 118 in 41061 Mönchengladbach